Tag 12 im Krieg: Pater Michal Wocial berichtet aus der Stadt Zhytomyr

Vor ein paar Stunden gab es in Zhytomyr Raketenangriffe auf die Okko-Öl- und Benzinlagerstätte und einmal mehr auf den Flughafen in Ozernoye. Wir gewöhnen uns mehr und mehr an bestimmte Dinge. Die Sirenen, die vor Luftangriffen warnen, werden zur Normalität. Manchmal wecken sie mich nicht einmal mehr auf. Das Adrenalin lässt nach.

Unterdessen geht der Exodus der Menschen weiter. Von den 198 Schülerinnen und Schülern unserer Schule sind bereits 85 im Ausland. Mehr als 100 Mitglieder aus unserer Pfarreigemeinde in Korosteshov sind ebenfalls geflohen. Heute haben weitere Nachbarn, die in unserem Keller Schutz fanden, angekündigt, dass morgen ihre Frauen und Kinder ebenfalls nach Polen flüchten. Die Menschen sind oft hilflos und wissen nicht, was sie tun werden oder wo sie nach dem Grenzübertritt Unterkunft finden und leben werden. Es ist für mich unangenehm, sie zu fotografieren, wenn sie gehen. Ich möchte sie in ihrer Würde nicht verletzen. Mit unserer Hilfe ist es gelungen, dass 170 Menschen aus Zhytomyr fliehen konnten.

Gleichzeitig herrscht in der Stadt grosse Solidarität unter den Menschen. Es gibt so viel humanitäre Hilfe, dass diese mit den Menschen in Kiew geteilt werden kann. Viele Organisationen helfen bei der Evakuierung der Zivilbevölkerung. Unternehmen schliessen sich zusammen, um die Bevölkerung zu versorgen und die Stadt zu verteidigen.

Am Samstagabend fuhr ich 30 km nach Korosteshov. Um 19 Uhr waren die Strassen der Stadt menschenleer. Am Sonntag auf dem Weg zur Kirche mussten wir sechs Kontrollposten passieren – Dokumente und Fahrzeug wurden geprüft. Der Gottesdienst konnte wie gewohnt abgehalten werden. Nur, es waren viel weniger Menschen in der Kirche.

Die humanitäre und finanzielle Hilfe aus dem weltweiten Don-Bosco-Netzwerk ist angelaufen. Bei der Verteilung der Güter arbeiten wir eng mit anderen Organisationen zusammen. Nebst anderen Hilfsgütern wie Lebensmittel, Wasser, Decken, Medikamenten, Hygieneartikel erhielten wir auch sechs Stromgeneratoren. Ein Priester, den ich gut kenne, rief aus einem der Gebiete an, die schon seit mehreren Tagen belagert sind, und bat um einen der Generatoren. Nur wissen wir im Moment nicht, wie dieser dorthin transportiert werden kann.

Die Situation ist sehr schwierig. Ich bete zu Gott. Ich frage ihn, was er von uns Salesianern Don Boscos in dieser beispiellosen Zeit erwartet.

Dringende Hilfe benötigt

Helfen Sie uns! Die Zivilbevölkerung der Ukraine ist auf unsere Solidarität angewiesen.